Monatsbrief Mai 2020

Kommunistische Plattform der Partei DIE LINKE NDS

Liebe Genossinnen und Genossen,

am Vorabend des Ersten Mai erreichte uns ein Mitgliederbrief des Bundesgeschäftsführers unserer Partei: "...der Erste Mai steht vor der Tür. Es ist der Internationale Tag der Arbeit." Da haben wir wohl etwas falsch verstanden. Wir sind immer davon ausgegangen, dass es sich beim Ersten Mai
nicht um einen "Tag der Arbeit", sondern vielmehr um den Internationalen Kampf- und Feiertag der Werktätigen handelt. Ein Tag, an dem man zurückblickt auf gewonnene und verlorene Kämpfe und vorausschaut auf die, die noch vor einem liegen. Dieser Tag bekommt ein Gesicht durch
Aufmärsche und Demonstrationen mit den Fahnen und Losungen der Werktätigen. Das war in diesem Jahr nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Ein Livestream, eine virtuelle Demo, die aus den Fenstern und von den Balkonen wehenden roten und Gewerkschaftsfahnen sind natürlich
kein Ersatz für Manifestationen auf der Straße. Das holen wir nach! Insbesondere dann, wenn es darum gehen wird, sich dagegen zu wehren, dass wir es wieder sein werden, denen die Kosten, die im Zusammenhang mit der Pandemie entstehen, aufgebürdet werden.

Nie war der Himmel blauer über Norddeutschland, Staus auf Straßen und Autobahnen gehören der Vergangenheit an, die Umweltbelastung durch Feinstaub und klimaschädliche Gase ist so gering wie seit Jahrzehnten nicht mehr, Freizeit spielt sich nicht mehr auf den Rolltreppen der
Konsumtempel und in ShoppingMalls ab (inzwischen jedoch eingeschränkt wieder unter Beachtung des Vermummungsgebots). Wären nicht die ohnehin Benachteiligten, die prekär Beschäftigten, die aus dem Arbeitsprozess bereits Entfernten zusätzlich existenziell gefährdet und würden nicht
Menschen an den Folgen der Viruserkrankung sterben, wir könnten aufatmen. Und es wird deutlich, dass das menschliche Handeln, das, was unter "Wirtschaft" verstanden wird, verantwortlich ist, für die drohende Klimakatastrophe. Damit wir uns an diese Atempause für Mensch und Natur nicht
gewöhnen, mobilisieren die Regierungen der Industriestaaten Milliardenbeträge, um die "Wirtschaft" wieder in Schwung zu bringen. Der Profitlogik folgend, werden Verluste und/oder entgangene Gewinne sozialisiert, damit die Kasse stimmt. Niemand wird auf die Idee kommen, die
wieder sprudelnden Gewinne denen zukommen zu lassen, die allen Reichtum schaffen. Wie hat es doch die Kovorsitzende unserer Bundestagsfraktion, unsere niedersächsische Genossin Amira Mohamed Ali, in einem Interview mit der "Welt "am 30. Dezember vergangenen Jahres so trefflich formuliert: "Die LINKE ist nicht gegen die Wirtschaft, wir wollen, dass die Wirtschaft gut funktioniert". Und passend zum nationalen Konsensunfug hat sich Katja Kipping aus aktuellem Anlass am 15. April in einem Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau" geäußert und die "Die
Ökonomie des Gemeinsamen" als Weg und Ziel aus der Coronakrise proklamiert. Wer zu der neuen Gemeinsamkeit gehört, wird allerdings nicht ganz klar. Es sind eben nicht alle gleich vor dem Virus!

Auch Boris Palmer, der Tübinger OB, Mitglied der Grünen, ist immer gut für markige Sprüche und hat sich am 28. April im Sat.1-Frühstücksfernsehen Gedanken gemacht und gesagt: "Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären". Es zeigt sich,
dass der Sozialdarwinismus ("Survival of the fittest") nicht nur in der faschistischen Ideologie beheimatet ist, sondern in breiten Bevölkerungskreisen Akzeptanz findet. Umso wichtiger ist es, immer wieder zu betonen, dass sich das Niveau der Kultur einer Gesellschaft darin zeigt, wie mit
den nicht so Leistungsfähigen, mit den schwächeren Gliedern der Gesellschaft umgegangen wird. Das sind Kinder, Kranke, Alte, bereits aus dem Arbeitsprozess Entfernte, Geflüchtete...

Im Windschatten der in den Medien dominierende Coronakrise ist aus dem öffentlichen Blick geraten, in welchem Maße sich die Rüstungsspirale weiter dreht. Die deutschen Rüstungsausgaben haben im vergangenen Jahr den größten prozentualen Zuwachs unter den untersuchten
Industriestaaten erfahren. Dazu passt, dass geplant ist, in den nächsten Jahren bis zu 93 "Eurofighter" und 45 "F-18" Kampfflugzeuge des US-Herstellers Boeing anzuschaffen. Und die deutsche Position als Exporteurin von Mordgerät ist weiter gefestigt worden. Es gibt Länder, die
exportieren Waffen, z.B. Deutschland, und solche, die exportieren Gesundheitsdienste, Solidarität und Menschenwürde, z.B. Kuba. Der Kampf um den Frieden bleibt die erste Aufgabe und deswegen gilt es, das Profil unserer Partei als Antikriegspartei weiter zu schärfen, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen: Abrüstung jetzt, deutsche Soldaten zurück in die Kasernen, atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa, raus aus der NATO, Schaffung vernünftiger Beziehungen zu Russland.

Auf unserem Landesparteitag am 15. Februar wurde beschlossen, dass der "75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus würdig" begangen wird. Öffentlichen Veranstaltungen sind zur Zeit Grenzen gesetzt, aber das kann man nachholen. Wie wichtig ist es, dass sich der 8. Mai als Tag der
Befreiung vom Faschismus in den Köpfen und Herzen der Menschen festsetzt, zeigt das Geschmiere der Politikredakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit", Alice Bota, die in der Ausgabe vom 22. April einen Artikel über das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Russland
veröffentlicht hat. Die Überschrift: "Der Kitsch des Sieges". Wie die Überschrift, so der Text. Wie auf einer Schnur aufgereiht, folgt eine Ungeheuerlichkeit des gerade aktuellen antirussischen Staatsrassismus der anderen. Wer so schreibt, zeigt alles über die Zustände in seinem Kopf. Wir verzichten auf Zitate. Der Artikel ist noch im Netz abrufbar.

Am 26. April hätte unsere Bundeskonferenz in Berlin stattfinden sollen. Wegen der durch die Coronakrise auferlegten Beschränkungen wurde die Konferenz abgesagt. Der für die Konferenz gedachte Bericht des Bundessprecherrats von Ellen Brombacher erschien in gekürzter Form bereits
am 23. April in der jW und ist in der Mai-Ausgabe unserer Mitteilungen in Gänze nachzulesen. Klar in der Analyse, verständlich in der Sprache wird hier aufgezeigt, welchen Herausforderungen wir uns zu stellen haben. Falls ihr noch nicht zu den Beziehern unserer Mitteilungen gehört, reicht eine
Info an uns und ihr erhaltet das Heft.

Zum Schluss noch eine Personalie. Der Botschafter der USA in Deutschland, Richard Grenell, der im vergangenen Jahr zum Neujahrsempfang der Bundestagsfraktion unserer Partei geladen und voll des Lobes über die gelungene Party war, ist von Trump zum Geheimdienstkoordinator befördert
worden. Er steuert also künftig die Arbeit der US-Geheimdienste.

Haltet Abstand und bleibt gesund!

Kommunistische Plattform Niedersachsen der Partei DIE LINKE
Christine Melcher (Landessprecherin),
Ulrich Vanek (Landessprecher)