Presseecho Asse II und DIE LINKE

Victor Perli

Das einsturzgefährdete Atommülllager Asse II, eines der größten Umweltprobleme Niedersachsens, war vergangenen Mittwoch (23.04.2020) Thema im Bundestag. Im Bericht der Braunschweiger Zeitung kommt DIE LINKE ausführlich zu Wort. Die Anhörung ist in der Mediathek des Bundestages abrufbar (siehe Link am Ende des Artikels)...

Asse-Initiativen: Ministerium muss Bergung zur Chefsache machen
Bei der Anhörung im Bundestag kritisieren Fachpolitiker einen „Papierkrieg“ zwischen den Behörden

Lange hatten sie auf die Chance gewartet, am Mittwoch war es so weit: Asse-Initiativen wurden im Umweltausschuss des Bundestages angehört. Sie machten ihrem Ärger Luft. Auch die Fachpolitiker des Ausschusses machten deutlich, dass künftig deutlich mehr Tempo vorgelegt werden muss, um die 126.000 Fässer mit Atommüll aus dem maroden alten Bergwerk bei Wolfenbüttel zu bergen.

Initiativen und Fachpolitiker waren sich in zwei wichtigen Einschätzungen einig: Sie kritisierten scharf, dass Verantwortliche sich eher bekämpfen statt an einem Strang zu ziehen. Und sie wollen, dass das Bundesumweltministerium aus diesem Grund künftig die Fäden in die Hand nimmt und das Milliarden-Projekt viel stärker steuert.

Die Anhörung konnte am Mittwochvormittag zwei Stunden lang live auf den Internetseiten des Bundestags verfolgt werden. Stellvertretend für die Asse-Initiativen waren Christiane Jagau und Claus Schröder von der Asse-2-Begleitgruppe zugeschaltet. Die Begleitgruppe ist ein Zusammenschluss aus Bürgermeistern, Umweltverbänden, Bürgerinitiativen und Mitgliedern des Wolfenbütteler Kreistags.

Ebenfalls zugeschaltet waren Stefan Studt und Thomas Lautsch ( beide Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)), Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies und Andreas Sikorski vom Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. Wolfram König vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) saß mit den Fachpolitikern im Sitzungssaal des Bundestages. Die BGE ist Betreiber der Asse, BASE die Aufsichtsbehörde und das niedersächsische Umweltministerium die Genehmigungsbehörde. Somit waren die wesentlichen Akteure anwesend.

In ihren Eingangsworten machten die Teilnehmer der Anhörung gleich das ganze Ausmaß des Schlamassels deutlich. Darin waren sich die Beteiligten einig. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) leitete die Anhörung. Sie sagte: „Die Asse ist das schlimmste existierende Desaster in der deutschen Atomgeschichte.“ Minister Lies bezeichnete die Asse als „eine der größten Umweltsünden der Republik“. Und BASE-Chef König mahnte, dass die Asse „starke Bilder für das Scheitern eines Endlagers“ erzeugt habe. Dem müsse man nun starke Bilder entgegensetzen.

BGE-Chef Studt erhielt die Gelegenheit, kurz den am vergangenen Freitag offiziell vorgestellten Rückholplan vorzustellen. Demnach soll die Bergung der Fässer 2033 beginnen. Alleine bis zur Bergung soll das Projekt 3,35 Milliarden Euro kosten. Täglich dringt Wasser in das Bergwerk ein, droht es zu destabilisieren. Um es gebrauchstauglich zu halten, sind umfangreiche Stabilisierungsmaßnahmen nötig.

Für die Rückholung ist geplant, einen neuen Schacht sowie ein daran angeschlossenes Rückholbergwerk zu errichten. Die BGE plant zudem, auf dem neuen Betriebsgelände auch eine Abfallbehandlungsanlage zu bauen. Dort soll der Atommüll untersucht und neu verpackt werden, um ihn bis zum Abtransport in ein noch ungeklärtes Endlager sicher lagern zu können.

Die Bergung ist alles andere als ein Selbstgänger. Auf völliges Unverständnis stößt daher bei den Asse-Initiativen, dass sich die Behörden beharken. Schröder von der Begleitgruppe wies darauf hin, dass es einen jahrelangen Streit aufgrund einer Kamerabefahrung für einen Asse-Schacht gegeben habe. „Anderthalb Jahre lang gab es keine Abstimmung in diesem Punkt“, so Schröder. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Perli bezeichnete den Schriftverkehr zwischen BGE und BASE als „Papierkrieg“.

BASE-Chef König verteidigte seine Behörde. Er sagte, dass die Kamerabefahrung keine Banalität sei. „Es ging um die Öffnung einer Kammer mit der höchsten Aktivität.“

Schröder von der Begleitgruppe, die Grüne Kotting-Uhl und auch Perli von den Linken hingegen kritisierten die Behörden. Die Asse-Initiativen und auch Perli forderten, dass das Bundesumweltministerium viel stärker eingreifen müsse. Rita Schwarzelühr-Sutter, die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, erklärte, dass das Ministerium die politische Verantwortung bereits übernehme. Dem hielt Perli entgegen, dass das Ministerium nach 13 Monaten vom Streit zwischen BGE und BASE wegen der Kamerabefahrung überhaupt erst erfahren habe.

Ein weiterer Aspekt, über den die Anwesenden diskutierten, war die Notfallplanung. Lautsch von der BGE erklärte, dass pro Jahr 100 Millionen Euro in die Sicherung des maroden Bergwerks fließen. Im wesentlichen geht es darum, Hohlräume zu verfüllen, Risse zu versorgen, in die Wasser zufließt und das Bergwerk zunehmend destabilisiert.

Jagau von der Begleitgruppe meinte, dass im Falle eines Absaufens der Asse eine Gegenflutung zwei Jahre dauern würde. Dem widersprach Lautsch. BASE-Chef König sprang der BGE zur Seite. Er erklärte: „Wir haben keine Kenntnis, dass die Notfallplanung nicht dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Die Notfallplanung ist aber noch nicht vollständig abgeschlossen.“

Lautsch von der BGE gab zu, dass diese voraussichtlich erst 2030 komplett steht. Die FDP-Abgeordnete Judith Skudelny sagte: „Wenn mir jemand bei diesen großen Problemen sagt, dass ein Notfallplan erst bis 2030 steht, klingt das nicht gerade beruhigend.“ Lautsch erklärte, dass der Großteil des Notfallplans fertig sei. Die Details seien aber zeitaufwendig.

Der Linke Perli meinte: „Wir diskutieren hier über Themen, über die schon vor zehn Jahren diskutiert wurde. Die Leute in der Region haben das Gefühl: Es geht nicht voran mit der Räumung der Asse.“

 

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