Zum Südschnellweg: „Weiter so!“ statt Paradigmenwechsel?

DIE LINKE. BO Döhren-Wülfel

Statt eine weitere Zunahme des PKW-Verkehrs kostenintensiv „herbeizubauen“, müssen die Klimaschutz- und Stadtentwicklungsziele von Stadt und Region Hannover endlich ernst genommen werden. Die Umsetzung von Zielen für das Jahr 2045 beginnt heute. Die Ergebnisse der seit 2015 laufenden Planungen lassen an der Ernsthaftigkeit der Ziele zweifeln.

Der Südschnellweg bündelt einen erheblichen Teil der lokalen und regionalen Verkehrsströme in der Region Hannover hochwassersicher durch die Leinemasch. Aktuell rollen bis zu 45000 Fahrzeuge pro Tag über den Südschnellweg. Gemäß der bekannten Planungen wird ein Ausbau für prognostizierte 55000 Fahrzeuge autobahnähnlich forciert.

Mit dem Ausbau sollen im Wesentlichen Kapazitäts- und Sicherheitsdefizite beseitigt werden. Die Breite der Verkehrsfläche erhöht sich von ca. 15 auf 25 m. Auch der Südschnellweg unterliegt somit dem verkehrspolitischen Druck, zugunsten des individuellen motorisierten Verkehrs die Leistungsfähigkeit von Straßen zu steigern. Insgesamt ergibt sich aus der Verbreiterung eine zusätzlich versiegelteFläche im Innenstadtgebiet von ca. 3,5 Fußballfeldern (25000 m²). Dagegen wirken Programme über Fassadenbegrünungen zur Verbesserung des Stadtklimas ziemlich kleinlich.

Unstrittig ist der Rückbau der Brücke über die Hildesheimer Straße und Ersatzneubau eines Tunnels unter städtebaulichen Gesichtspunkten. Der Aushub muss unter ökologischen Gesichtspunkten standortnah verwertet werden, z. b. zur Abdeckung der Kalihalde in Ronnenberg. Zu begrüßen ist auch die neu konzipierte Aufbereitung des Oberflächenwassers zum Schutz der Ricklinger Kiesteiche.

Mutig und zukunftsträchtig wäre im Weiteren eine Einstufung des Südschnellwegs als urbane Hochleistungsstraße –analog zu mehrspurigen Innenstadtstraßen. Diese Einstufung berücksichtigt weniger fahrdynamische Aspekte bei der Planung, sondern eine Verbesserung der städtebaulichen Integration. Hier wäre dann die Richtlinie RAST statt RAA anzuwenden. Generell ist aber auch in dieser Konzeptionierung festzuhalten, dass eine geringfügige Vergrößerung des Straßenquerschnitts (Fahrstreifenbreite) für den Busverkehr erforderlich ist.

Anscheinend gelten jedoch Naherholungsgebiete, Kleingärten und Sportflächen in Innenstadtlage nach Dürrejahren und Hitzerekorden heute noch immer nicht als Hindernisse für den Ausbau von Verkehrsflächen. Dabei sind insbesondere diese Flächen aus stadtökologischen und sozialen Gründen unbedingt zu erhalten.

Einhergehend mit der geplanten Kapazitätserweiterung wird sich potentiell ein höheres Verkehrsniveau auf dem Südschnellweg gegenüber dem heutigen Zustand ergeben. Die aus der geplanten höheren Verkehrsgeschwindigkeit resultierenden Lärmschutzmaßnahmen (hohe Lärmschutzwände, Flüsterasphalt) sind kostenaufwendig und führen zu einem optisch deutlich hervorgehobenen Verkehrsstrang im zentralen Stadt- bzw. Naherholungsgebiet. Die Beibehaltung der bisherigen Maximalgeschwindigkeit von 80 km/h ist deshalb aus verschiedensten Gründen erforderlich.

Die Regionsversammlung und der Rat der Stadt Hannover haben beschlossen, bis spätestens 2045 die Treibhausgas-Emissionen der Region Hannover um 95 % und den Endenergiebedarf um 50 % gegenüber 1990 zu senken. Grundlegende Schritte, Möglichkeiten und Maßnahmen werden im „Masterplan 100 % für den Klimaschutz“ von Region und Stadt Hannover dargelegt. Eine elementare Stellgröße ist dabei die Reduzierung des Energiebedarfs im Verkehrssektor.

Der „Masterplan Mobilität 2025“ der Stadt Hannover aus dem Jahr 2011 stellt ferner die Verkehrspolitik in den Kontext einer Stadtentwicklung, die der Urbanität, der Nachhaltigkeit und dem sozialen Ausgleich verpflichtet ist.

Durch die Region Hannover ist deshalb zusammen mit der Stadt im Zuge des anstehenden Ausbaus des P+R-Hubs Wettbergen eine Schnellbusverbindung mit Döhren und weiterhin auch Anderten zu prüfen (= Süd-Tangente). Dabei soll auch die neue Stadtbahnverbindung aus Richtung Hemmingen berücksichtigt werden. Das Ziel muss eine weitere Verzahnung der Region mit der Stadt Hannover sein. Ein wesentlicher Teil der innerstädtischen Verkehrsbelastung resultiert aus Pendlerverkehr. Durch ein attraktives Angebot soll eine weitere Zunahme des Verkehrs auf dem Südschnellweg verhindert und die Entwicklung umgekehrt werden.

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Fotos einer Exkursion der BO Döhren Wülfel von Ende März gibt es hier.