Bilanzveröffentlichung beim Bundesanzeiger

In seiner Funktion als mittelstandspolitischer Sprecher der Fraktion hat Diehter Dehm in den vergangenen Monaten einen Arbeitsschwerpunkt auf das Thema Bilanzveröffentlichung beim Bundesanzeiger gelegt. Diese trifft GmbHs, gleichgültig ob kleinste Handwerksbetriebe oder größere. Alle, die jetzt meinen "na und, was hab ich mit den Sorgen irgendwelcher Unternehmer am Hut" übersehen dabei, dass hiervon 1 Mio. klein- und mittelständische Unternehmen betroffen sind.

Die sitzen nach ihrem langen Arbeitstag zu Hause und quälen sich durch die Belege und zu erbringenden Nachweise, wenn sie - meist zur Weihnachtszeit mit kurzer Frist und unter Strafandrohung und bei Urlaub ihres Steuerberaters - von einem sogenannten Bundesanzeiger angeschrieben werden. Und der Gipfel: das Justizministerium hat diesen Bundesanzeiger und damit auch den bedrohlichen Adler privatisiert! Ausgerechnet an den Verlagskonzern DuMont Schauberg, der selber dieser Pflicht, die Hosen runter zu lassen, NICHT unterstellt ist, sondern von EU-Privilegien profitiert. Und zwar im mehrfachen Sinn des Wortes!

Um dieser Problematik Aufmerksamkeit zu verschaffen, hat Dehm die Bundesregierung schriftlich und dann in der Fragestunde ermahnt. In einem weiteren Schritt wurden die mittelstandspolitischen Sprecher von Union, SPD, Grünen und FDP mit nachfolgendem Schreiben kontaktiert, mit dem Ziel, die Homepage, auf welcher Betroffene aufgefordert sind, zu schildern, wie und warum sie mit den Nachweisen nicht hinterherkommen, weit zu verbreiten. "Machen Sie Bekannte in Ihrem Umfeld, die ein eigenes Gewerbe haben und darum auch damit konfrontiert sind, darauf aufmerksam."

 

Werte KollegInnen,

ich wende mich an Sie in meiner Funktion als mittelstandspolitischer Sprecher um auszuloten, inwiefern wir uns - jenseits parteipolitischer Differenzen - in einer für den Mittelstand wichtigen Sachfrage vielleicht zusammentun und das Anliegen unterstützen können.

Ich fasse hier, wenngleich ich noch erheblich weitergehende Bedenken und Argwohn gegen den Verlagskonzern DuMont Schauberg* hege, nur die unstrittige Kritik zusammen.

Sie alle dürften mit dem Thema Offenlegungspflicht für Kapitalgesellschaften vertraut sein. Und auch mit dem Unverständnis vieler KMU darüber, dass sie nur in Deutschland dazu verpflichtet sind, ihre Bilanzen in gleich zwei Registern, dem Unternehmensregister und dem Bundesanzeiger, welche beide von der Bundesanzeiger Verlag GmbH geführt werden, zu veröffentlichen. Ein weiteres Ärgernis stellt dabei die Tatsache dar, dass die fälligen Gebühren für Veröffentlichungen im Bundesanzeiger (mind. 25 Euro) deutlich teurer sind als die für Veröffentlichungen im Unternehmensregister ( 3,57 nach JVKostG) aufgerufenen Gebühren. Wie diese deutlich höheren Gebühren zustande kommen bleibt aber leider völlig nebulös.

Wohl auch deshalb hat ein Unternehmen in Kauf genommen, sich durch Verweigerung der Zahlung für die Veröffentlichung im Bundesanzeiger von der Bundesanzeiger Verlag GmbH verklagen zu lassen und auf ganzer Linie gewonnen. Denn das Kölner Amtsgericht argumentierte in seiner Urteilsbegründung, dass, analog zur Daseinsvorsorge, die rund 1.000.000 GmbHs in Deutschland, welche laut Gesetzgeber ihre Rechnungslegung veröffentlichen müssen und hierfür keine Wahl zwischen verschiedenen Anbietern haben, dann immerhin die Billigkeit der Preisgestaltung nachvollziehen können müssen. Nicht nur bei der Monopolstellung im Bereich des Daseinsvorsorge, sondern auch bei der Pflichtveröffentlichung nach einem "staatlich regulierten Entgelt", das "auf einseitiger Preisgestaltung" beruhe, sei eine Kontrolle "entsprechend § 315 BGB" vorzunehmen. Da die Bundesanzeiger Verlag GmbH vor Gericht nicht darlegen konnte oder wollte, dass die Entgeltbemessung aufwandsgerecht sei, hat das Amtsgericht die Zahlungsklage abgewiesen.

Soweit gehen die meisten KMU aber gar nicht. Doch so mancher unter ihnen ist schon in die unangenehme Lage geraten, dank unvollständiger, fehlender oder nicht fristgemäß eingereichter Unterlagen Post vom Bundesamt für Justiz (BfJ) erhalten zu haben, in der ein entsprechendes Ordnungsgeld verhängt wurde. Und auch hier herrscht m.E. ein eklatanter Mangel, wenn seit 2010 158 Mio. Euro Ordnungsgelder verjährt und im selben Zeitraum 689 Mio. Euro durch das BfJ niedergeschlagen wurden.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Redaktion von markt-intern dazu entschlossen, unter http://www.markt-intern.de/schwarzbuch-umfrage den Betroffenen eine Plattform zu bieten, um eine Vorstellung über Ausmaß, Ursachen und Hintergründe für die Verhängung von Ordnungsgeldern durch das BfJ zu erlangen. Sollten Sie diesem Ansinnen positiv gegenüber stehen, begrüßte ich es, wenn sie über ihre Kontakte und Kanäle für eine breite Bekanntmachung des Anliegens und der Homepage für die Betroffenen Sorge trügen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Diether Dehm

* Kurz gesagt empört mich vor allem, dass die Bundesanzeiger Verlag GmbH selbst keine Bilanz veröffentlichen muss, da sie Tochterunternehmen einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in der EU ist. Das Protokoll der Fragestunde mit den Antworten der Staatssekretärin des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz finden Sie im Anhang, die Videos aus dem Plenum unter https://youtu.be/CSg4a9jDqG4 und https://youtu.be/ciUsb97gXtE.

 

MdB Dr. Diether Dehm

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