Nazis im Bundestag? Beobachtungen der Partei DIE LINKE zur AfD

Die AfD im Bundestag kämpft mit jämmerlichen Vorwürfen, rechtsradikalem Duktus und konfusen Verschwörungstheorien um Aufmerksamkeit. Inhaltlich sucht die Partei zwischen ideologischer Borniertheit, Geschichtsvergessenheit und kruden Verschwörungstheorien auch zwei Jahre nach ihrem Einzug in den Bundestag (eigentlich ein "Vogelschiss der Geschichte") die verschiedenen gesellschaftlichen Themen mit Hass und Lügen zu besetzen. So stellt der mündige Beobachter eine zunehmende Enge rechts der AfD fest, die selbst der NPD die Luft zum Atmen nimmt - immerhin ein positiver Effekt, so scheint es.


Beobachtungen zur Sitzungswoche 25.-27. September 2019

Drei Themenblöcke mit Blick auf die AfD waren für diese Parlamentswoche kennzeichnend:

  • die Versuche der AfD, sich in der Klimadebatte als Partei der Autofahrer und der durch die Energiewende belasteten Mittelschichten darzustellen,
  • die ideologischen Versatzstücke einer völkischen und neuen Rechten, die die Fraktion in verschiedenen Debattenpunkten immer wieder bedient und die der verbalen und leider auch realen Munitionierung einer gesellschaftlichen extremen Rechten dienen
  • und schließlich die Versuche, sich auch sozialpolitisch als Anwalt der kleinen Leute darzustellen, die jedoch durch das reale Verhalten der AfD konterkariert werden.
     

Mit der Klimaleugnerposition versucht die AfD ein Alleinstellungsmerkmal in einer Debatte zu reklamieren, die ihr prinzipiell zuwider läuft, weil das Thema Klima den national bornierten Standpunkt der AfD für alle sichtbar in Frage stellt und das Thema Flucht weiter in den Hintergrund rückt. Umso aggressiver teilweise die verbalen Attacken aus der Fraktion. Hauptfeindbild ist Greta Thunberg, die von den AfD-Abgeordneten durchweg als krankes Kind beschrieben wird. Karsten Hilse spricht von der „bedauernswerten Greta“, deren Rede vor der UNO „die typische Ausdrucksweise eines am Asperger-Syndrom leidenden bedauernswerten Kindes“ sei.

Greta Thunberg ist 16 Jahre alt. Sie ist kein Kind, sondern eine politisch engagierte Teenagerin. Hilse dagegen will sie als krank, minderbemittelt und im Grunde nicht zurechnungsfähig darstellen. Krankheitsmetaphern und die Pathologisierung politischer Gegner gehören zum Repertoire der extremen Rechten. Insofern werden Vertreter*innen einer konsequenten Klimapolitik als „Klimahysteriker“ und „Klimasekte“ bezeichnet.

Dass es vor allem ärmere Bevölkerungsschichten sind, die unter den gesundheitlichen Folgen der Klimaveränderung leiden, interessiert die AfD nicht. Wie eine sozial verträgliche Klimapolitik aussehen kann, bei der vor allem die Hauptverursacher zur Verantwortung gezogen werden, das macht unsere Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht in ihrer Rede deutlich: https://www.linksfraktion.de/nc/parlament/reden/detail/sahra-wagenknecht-echte-klimasuender-heranziehen-statt-verbraucher-abkassieren/
 

Nach dem neonazistisch motivierten Mord an Walter Lübcke (aber vor der Tat von Halle) macht die AfD noch einmal deutlich, wo sie das Hauptproblem der inneren Sicherheit im Land sieht: bei der Antifa und der Linken. Ihr Antrag „Antiextremistischer Grundkonsens in Politik und Gesellschaft – Rechtsstaat und Demokratie schützen – Antifa ächten“ (Drs. 19/13521) sorgte für eine lebhafte Debatte. Zurecht wies Martina Renner für die LINKE darauf hin, dass es in der Natur der Sache läge, „dass eine Partei von notorischen Antidemokraten, Antisemiten und Rassisten ein Problem mit Antifaschismus hat.“ Die großartige Rede von Martina Renner kann hier: https://dbtg.tv/fvid/7391215 nachgehört werden, die gesamte Debatte hier: https://dbtg.tv/fvid/7391206
 

Eine militante Form des Antikommunismus wird von der AfD immer wieder ins Plenum getragen, häufig verbunden mit massiven Formen der Geschichtsfälschung. Anlass bot in dieser Woche die Debatte um die Überführung der Stasiunterlagen ins Bundesarchiv, zu der die AfD zusätzlich eine Aktuelle Stunde beantragt hatte. Gegen die Position aller anderen Fraktionen, der BStU-Behörde selber und der übergroßen Mehrheit der Bürgerrechtler*innen will die AfD auch weiterhin die Überführung der Unterlagen ins Bundesarchiv verhindern. Unverkennbar zielt diese Positionierung eher auf das antikommunistische Publikum im Westen als auf die AfD-Anhänger in Ostdeutschland, die dieser Reduzierung der DDR auf „Stasi“ eher skeptisch gegenüber stehen könnten.
 

Marc Jongen, Chefideologe des historischen Revisionismus, versucht wie schon häufiger, Sozialismus und Faschismus als zwei Formen linker Diktaturen erscheine zu lassen. Dem Abgeordnete Frohnmaier blieb es in dieser Woche vorbehalten, das „Umvolkungsphantasma“ der extremen Rechten im Bundestag zu bedienen, dieses Mal am Beispiel der UN-Agenda 2030, mit der die UN eine nachhaltige Entwicklung weltweit befördern will.
 

Schließlich versucht die AfD, ihren Anspruch, „Partei der kleinen Leute“ zu sein, durch Schaufensteranträge zu untermauern, zeigt aber mal wieder, dass sie doch vor allem die Interessen von Besserverdienenden und Kapital im Blick hat. Mit ihrem Antrag „Arbeitsleben würdigen – Arbeitslosengeld I gerecht gestalten“ (Drs. 19/13520) will die AfD „das Leistungsprinzip“ stärken und den Bezug von ALG I verlängern, wenn die Menschen über viele Jahre eingezahlt haben. Von der LINKEN wird sehr viel Weitergehendes schon seit 15 Jahren gefordert und unser MdB Sabine Zimmermann macht in ihrer Rede deutlich, warum die AfD eben genau keine Partei der kleinen Leute ist: https://dbtg.tv/fvid/7391390

Das verdeutlich die AfD in den weiteren Debatten auch selbst, so z.B., wenn ihr Abgeordneter Uwe Witt einen Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums für bessere Löhne in der Pflege ablehnt und als erstes den Personalbedarf im Pflegebereich bagatellisiert. Den Vorschlag, die Tarifbindung im Pflegebereich über branchenweite Tarifverträge zu verbessern, diskreditiert Witt als Maßnahme für „die Werbevereine der SPD, die Gewerkschaften.“

Eine von der LINKEN vorgeschlagene solidarische Umlagenfinanzierung für mehr Ausbildung (Drs. 19/13504) wird von der AfD mit Verweis auf die dadurch entstehende Belastung für die Kapitalseite abgelehnt. Martin Sichert (AfD): „Im heutigen Klassenkampf ist der Gegner der Arbeiter bei Audi, BMW, Bosch, Continental und Siemens nicht der Arbeitgeber, sondern die Klasse der abgehobenen, machtgeilen sozialistischen Politbonzen, die unter dem Vorwand angeblichen Klimaschutzes ihre Arbeitsplätze vernichten.“ Und auch der von der LINKEN vorgeschlagene Mietendeckel ist für die AfD nur eine „sozialistische Zwangsmaßnahme.“