Protest vor Defender2020-Kaserne und in Bad Fallingbostel

Rainer + Charly

Erst am 4.2.20 gründete sich die "Friedensaktion Lüneburger Heide" mit FreundInnen aus Heidekreis, Rotenburg, Nienburg, Celle, Hannover und Bremen. Schwerpunkt der im Bündnis vertretenen politisch und organisatorisch ganz unterschiedlichen Gruppen ist, Europas größten Truppenübungsplatz Bergen in den Focus der Proteste gegen das Grossmanöver "Defender Europe 2020" zu nehmen. Dieser Platz kann und wird vielfältig für Defender2020 genutzt.

Die Aktion am Freitagnachmittag 21.2.20 bestand aus einer nicht angemeldeten, einer angemeldeten Aktion sowie einem abendlichen Vortrag.  40 Menschen, meist aus der nahen Umgebung, trafen sich am Bahnhof Bad Fallingbostel (die Kleinstadt am Westende des TrÜbPl-Bergen). Die Gruppe fuhr in Pkw's weiter unter der A7 hindurch auf zivil zugänglicher Straße des TrÜbPl ins bundeseigene Dorf Oerbke vor die Kaserne Oerbke-Ost, wo seit Ende Januar jede Menge US-Panzer und viel anderes Kriegsgerät ankommen. Zu sehen gabs nur Gebäude und Zäune der Kaserne sowie vor der Kaserne das von der British Army errichtete Denkmal, das an die Befreiung der überlebenden sowjetischen und westlichen Kriegsgefangenen 1945 erinnert.

Weil hier auch auf den zivil zugänglichen Straßen und Flächen die Bundeswehr Hausrecht hat, kann hier keine öffentliche Versammlung angemeldet werden, sondern die Bundeswehr lediglich gebeten werden, ob man sich auf dem "Privatgelände" des Militärs versammeln darf. Logisch, dass auf die Anmeldung einer Versammlung für diesen Ort verzichtet wurde.  Ein paar Gruppenfotos und schon kam die Polizei und forderte den polizei-bekannten DGB-Kreisvorsitzenden Charly Braun auf, dass die Gruppe wieder abzieht. Das war ohnehin geplant, um rechtzeitig am ordnungsamtlich angemeldeten Ort beim Rathaus Bad Fallingbostel zu sein.

Nahe dem Rathaus stellte sich die Gruppe wieder mit großen Transparenten und allerlei selbst gemalten Plakaten auf, verteilte Flugblätter und hielt Kundgebungsreden.

GewerkschafterInnen, Orts-Grüne, Linke, Friedensbüro Hannover und die regionale "Initiative Biosphärengebiet Hohe Heidmark eV" klärten per Lautsprecher über das Riesenmanöver, dessen Provokation und Bedrohung Russlands, der Klimaschädlichkeit und Geld- und Ressourcenverschwendung auf. "Wir brauchen das hier verschossene Geld dringend um dem kranken Gesundheitswesen auf die Beine zu helfen", so ver.di- und DGB-Sprecher Charly Braun. 

Agnes Hasenjäger (DieLINKE Niedersachsen u. Friedensbüro) kritisierte dass die NATO im Widerspruch zum NATO-Russland-Vertrag von 1994 weiter nach Osten ausdehnt und Russland in den Zangengriff nimmt. Das Manöver Defender2020 erhöhe die Kriegsgefahr.

Braun und der Grüne-Ratsherr Egon Hilbich informierten über Geschichte und Gegenwart des Truppenübungsplatzes. Der Platz hat eine Ausdehnung von 26 km in Nord-Süd-Richtung und 18 km in Ost-West-Richtung.   Gegen widerständige Bauern räumten die Nazis ab 1934/35 hier 25 Dorfgemeinden mit 3650 Einwohnenden. Hier wurde der Überfall auf die Sowjetunion trainiert, hierher brachten die Nazis in 4 Lager Kriegsgefangene. Hier ließen die Nazis die sowjetischen Gefangenen in 3 Lagern unter freiem Himmel zu zigtausenden elendig verrecken. Hier wurde das KZ Bergen-Belsen errichtet. Alles zusammen starben zwischen 1939 und 1945 nur auf diesem Truppenübungsplatz über 100.000 Menschen. Und von diesem Platz aus fuhr der Tod durch Europa. Später starteten von hier aus britische Truppen nicht nur in Kriege um Öl. Von hier kamen Bundeswehreinheiten, um am Hindukusch und andernorts westliche Wirtschaftsinteressen militärisch zu vertreten. Und hier wird jetzt im großen Massstab ein Krieg gegen Russland geprobt.

https://www.wikiwand.com/de/Truppen%C3%BCbungsplatz_Bergen

Die Redenden erläuterten:  Vor 5 Jahren beschlossen ver.di-Bundeskongress und DGB-Konferenz Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt Forderungen an den Staat, auf dem Gelände diese größten europäischen Truppenübungsplatzes eine neue Wirtschaftsstruktur zu schaffen, und "die muss sozial, ökologisch, nicht-militärisch sein."  Für die Konkretisierung der Konversionsforderungen hat die Initiative Biosphärengebiet ein Programm entwickelt, nämlich den Militärplatz und umgebende Gemeinden zum UNESCO-Biosphärengebiet zu machen. Das schafft erfahrungsgemäß sogar viele neue zivile Arbeitsplätze.

Die lokalen Friedensbewegten klärten auf über die, in Deutschland einmalige, fehlende kommunale Demokratie in den zivil bewohnten Dörfern im Randbereich des Truppenübungsplatzes. Statt Gemeinde heißt es "Gemeindefreier Bezirk".

Statt eines Gemeinderates gibt es eine rechtlose Einwohnervertretung, statt eines Bürgermeisters gibt es einen Bezirksvorsteher, der vom Bundesfinanzministerium eingesetzt ist. Die scheinbar privaten Einfamilienhäuser sind Staatseigentum, verwaltet durch die BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben).

Die Kundgebung schloß mit der, hier besonders gut passenden Parole "Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg". Im Anschluss fand im ver.di-Bildungszentrum Walsrode ein Vortrag übers Manöver Defender2020 statt.