Rede der Linken am 30.01. im Rat der Stadt Hannover zu Defender 2020

Die LINKE im Rat der Stadt Hannover

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit über 10 Jahren bereite ich ausländische Studenten auf ein Studium in Deutschland vor. Die meisten sind so um die 20. Da sitzen Brasilianer neben Chinesen und Ukrainer neben Russen. Sie kommen nach Deutschland, weil sie an uns glauben. Sie haben die gleichen Hoffnungen und Wünsche, die gleichen Unsicherheiten und Ängste, wie ich sie in ihrem Alter auch hatte. Wir streiten uns und wir lachen über die selben Dinge und die selben blöden Gesichter, die ich manchmal ziehe. Uns verbindet also weitaus mehr als uns trennt.

Lange Jahre wurde in Deutschland daran gearbeitet, dass wir in Europa friedlich nebeneinander leben. Dass sich so etwas wie der zweite Weltkrieg nicht wiederholt.

Erst letzten Montag, am 27. Januar 2020, gedachte man in St. Petersburg einer Million Tote, die bei der Blockade der Stadt durch die deutsche Wehrmacht starben. Die Wiege der russischen Revolution wollten die Nazis aushungern und zerstören.

Und was tun wir? Heute, 76 Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs? Wir schicken uns an, mit ca. 37.000 Soldatinnen aus 18 Staaten und mit schwerem Gerät den sogenannten „Ernstfall“ zu proben. Und das nur ca. 200 km von St. Petersburg entfernt.

Wie sollen sich die Überlebenden der Blockade und deren Nachfahren fühlen? Welche grausamen Erinnerungen werden in ihnen wach gerufen?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Manöver ist nicht nur provokativ, es ist darüber hinaus geschichtsvergessen und einfach nur ein erbärmliches Machtgehabe.

Was wir brauchen, sind Maßnahmen der Völkerfreundschaft, um die friedliche Koexistenz, die wir lange Jahre aufgebaut haben, zu sichern. Was wir brauchen ist ein Zeichen der Versöhnung, nicht eins der Konfrontation.

Darum schlagen wir vor, am 8. Mai 2020, dem Tag der Befreiung, hier in Hannover einen Tag der Freundschaft mit unseren russischen Freunden aus Ivanovo zu begehen. Lassen Sie uns Vertreter aus Ivanovo nach Hannover einladen! Lassen Sie uns ein sichtbares Zeichen des Friedens und der Völkerverständigung setzen! Dies würde der Landeshauptstadt Hannover, dies würde einer Anwärterin auf den Titel Kulturhauptstadt, dies würde einem Mitglied des Bündnisses „Mayors for Peace“ gut zu Gesichte stehen.

Und um es Ihnen noch einmal mit den Worten Willy Brandts ins Gedächtnis zu rufen:

„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“