Verfassungsbruch geplant - Bundesregierung plant Mobilisierung von 15.000 Soldat*innen für den Inlandseinsatz

Andreas Brändle

Bis zum 3. April 2020 sollen 15.000 Soldat*innen für den Einsatz im Inland bereit stehen. Über 6.000 davon sollen sogar Polizei - oder polizeiähnliche Aufgaben übernehmen.

So sollen 5.500 Soldat*innen zur „Absicherung/Schutz“ eingesetzt werden und 600 Feldjäger*innen für Ordnungs– und Verkehrsdienst...

...Man muss sich das wohl so vorstellen: Zukünftig werden dann in der Innenstadt von Hannover Polizist*innen und Soldat*innen mit MG im Anschlag gemeinsam für Ordnung sorgen.

Wenn dann die Ampel ausfällt, übernehmen Feldjäger*innen die Verkehrslenkung.

Sukzessive werden erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg erlassene Beschränkungen eingerissen. Corona wird da gerne zum Verfassungsbruch genutzt. 

Erst 1968, nach der Hamburger Sturmflut, als Helmut Schmidt, noch ohne Rechtsgrundlage, die Bundeswehr zu Hilfe gerufen hatte, wurde die Möglichkeit, die Bundeswehr bei besonders schweren Naturkatastrophen einzusetzen, ins Grundgesetz aufgenommen.

Zwischenzeitlich gab es immer wieder Versuche, den Einsatzzweck der Bundeswehr auszuweiten. Seit 1989 treibt Wolfgang Schäuble als Innenminister dieses Bestreben voran. Als eine ihrer Hauptaufgaben formulierte die Verteidigungsministerin von der Leyen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren 2012. Für sie war die „terroristische Gefahr“ ausreichend. Sie scheiterte am Veto der SPD. Danach sollte ihr die „Flüchtlingskrise“ ausreichend für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren sein. Aber auch damit kam sie nicht durch. Nun soll also Corona diesen Weg ebnen.

Um den, in der Geschichte der BRD noch nie dagewesenen, Großeinsatz der Bundeswehr zu führen, werden Generalleutnant Martin Schelleis, dem nationalen territorialen Befehlshaber der Bundeswehr, vier regionale Stäbe unterstellt. Dabei handelt es sich hier nicht um die Zusammenarbeit ziviler und militärischer Strukturen, wie sie bisher in Katastropheneinsätzen z.B. bei Hochwasser und extremen Schneefällen, zum Einsatz kam.

Neu an dem aktuellen Szenario ist, dass Kampftruppen der Bundeswehr als regionale, militärische Führungsstrukturen eingesetzt werden sollen.

Für Niedersachsen ist das die 1. Panzerdivision des Heeres in Oldenburg. Ein glatter Verfassungsbruch!

Konnten bisherige Einsätze der Bundeswehr mit der „Amts-Katastrophenhilfe“ über Artikel 35 des Grundgesetzes gerechtfertigt werden, so ist der Einsatz von über 6.000 Soldat*innen der Kampftruppen für polizeiliche Aufgaben über das Grundgesetz nicht abgedeckt. Exekutive Aufgaben bleiben auch in Pandemiezeiten ausschließlich Aufgabe der Polizei!

Bewaffnete Einsätze der Bundeswehr sieht das Grundgesetz, Artikel 87a, nur bei innerem Notstand oder im Verteidigungsfall vor. Beides ist gegenwärtig nicht gegeben.

Ein klarer Verfassungsbruch, der dann, wie 1962 von Helmut Schmidt, nachträglich vom Bundesverfassungsgericht rechtskonform gemacht wird.

Vielleicht sollen wir uns in Corona-Zeiten einfach an das Stadtbild mit Bundeswehrsoldat*innen gewöhnen.

Wer weiß, wofür das noch zu gebrauchen ist.